Ein Ort und sein Gedächtnis – Klosterneuburg erzählt

„Wenn wir an das Vergessen denken, wollen wir uns an das Erinnern machen.“
Andrea Fischer vom KUNSTLABOR Graz

Lebenslabyrinth der Erinnerungen 2018

Im Zuge der „Aktionstage Demenz“ gab es die erste Zusammenarbeit mit dem KUNSTLABOR Graz. In speziellen „Erinnerungstagen“ arbeiteten das KUNSTLABOR im Februar 2018 mit den BewohnerInnen des Caritas Pflegewohnhauses St. Leopold, um die Grundstruktur eines Lebenslabyrinthes zu erstellen. Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit wurden im Rahmen der Aktionstage erstmalig ausgestellt. Das Labyrinth ist ein sichtbares Zeichen für die Ressourcen, die jeder Mensch selbst im hohen Alter besitzt, für die Freude am Gestalten und Erschaffen, für den Wunsch, als Mensch, egal welchen Alters einen sinnvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten zu können.

Ein Ort und sein Gedächtnis – Klosterneuburg erzählt 2019/2020

Im Projekt „Ein Ort und sein Gedächtnis – Klosterneuburg erzählt“ geht es um die Erinnerung an längst vergangene Zeiten und die Frage: Wie war es in Klosterneuburg, damals als die heutigen 70-, 80-, 90-Jährigen noch jung waren?

Es geht um die Stärken und Ressourcen von älteren Menschen mit und ohne dementieller Beeinträchtigungen, und nicht um ihre Defizite. Aus der pflegerischen sowie künstlerischen Arbeit mit Menschen, die mit Vergesslichkeit leben, wissen wir, dass diese zwar ihre zeitliche und räumliche Orientierung verlieren und dass ihr Kurzzeitgedächtnis nicht mehr funktioniert. Wir wissen aber auch, dass sie sich oft sehr detailliert an die Vergangenheit erinnern können. Dort setzen wir mit diesem Projekt an und bitten sie einem Ort zu helfen, sich seiner eigenen Geschichte bewusst zu werden. Es geht um erlebte Alltagsgeschichten, die vielfach nur in den Köpfen Einzelner abgespeichert sind und die verloren gehen, wenn diese Menschen sterben. Alltagsgeschichte und alltägliche Geschichten werden erzählt, gesammelt und mit Hilfe von künstlerischen Methoden hörbar, sichtbar, erfahrbar gemacht (Tableaux Vivants etc.). Ältere Menschen aus Klosterneuburg werden dabei zu AkteurInnen und verhelfen der Vergangenheit zu neuer Lebendigkeit. Menschen, die mit Demenz leben, erleben beglückende Augenblicke wieder, erfahren eine positive Resonanz auf ihre Erinnerungen, die für alle GemeindebürgerInnen einen hohen Wert bilden. Die lebendige Vergangenheit gibt Orientierung und Halt, lässt alle GemeindebürgerInnen ins Leben eintauchen. Durch die künstlerische Aufbereitung der Geschichten, gibt es Anlass für Gespräch und Teilhabe.

Der Arbeitsprozess

Das Projekt richtet sich nicht nur an Menschen mit Demenz, sondern an alle Altersgruppen, die mehr über ihren Ort erfahren wollen. Die älteren, hochbetagten Menschen sind das Gegenüber, das Auskunft gibt. Die Kunst ist das Medium in der Arbeit. Sie ermutigt Menschen zu einander in Kontakt zu treten, von sich zu erzählen und die Perspektiven zu wechseln. Das KUNSTLABOR arbeitet mit Erinnerungsstücken und -stützen z.B. mit Fotoalben, persönlichen Objekten, Tagebüchern, Gerüchen. Es geht um die kleinen Gesten und die großen Erzählungen.

Das Projekt arbeitet in 2 Phasen:

  1. Material sammeln:
    Wir arbeiten einerseits prozessorientiert im Rahmen von Erzählcafés, die bereits für sich Wirkung zeigen und ein erstes Ergebnis darstellen. Dazu gibt es eine Einladung an alle KlosterneuburgerInnen mittels eines Postwurfs, der an alle Haushalte geht. Ebenso wird über das Netzwerk sowie Pressearbeit und Anzeigen in den lokalen Zeitungen eingeladen.
    Dass Erinnerungen und Geschichten per se gesammelt und aufgeschrieben werden, ist eine Wertschätzung für alle Menschen. Kein Betrag wird verformt oder verändert, ist gleich wichtig, auch wenn er möglicherweise fragmentiert oder unvollständig ist. Menschen mit Demenz sind gleichwertige ExpertInnen für Alltagsgeschichten und lebensgeschichtliches Wissen, die dazu beitragen Klosterneuburger Erinnerungen sichtbar zu machen.
  2. Das „Zurückgeben“ der gesammelten Erinnerungen und Geschichten:
    Im zweiten Schritt geht es um das Brücken bauen zwischen Menschen, Erinnerungen und ihren Geschichten. Erinnerungen von älteren, betagten Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern sind eingebettet und gleichwertig ohne dass die Betroffenen exponiert sind „als z.B. von Demenz Betroffene“, wenn sie das nicht wollen. Alle Geschichten halten die Erinnerung lebendig. Das KUNSTLABOR bereitet das gesammelte Material auf.

Die Erinnerungsgeschichten, Erzählungen und Bilder der Klosterneuburger Seniorinnen werden von Künstlern und Künstlerinnen des KUNSTLABOR Graz neu zusammengefügt und ein besonderes Klosterneuburg-Buch entsteht. In Form von Lesungen kommen diese Geschichten „neu erzählt“ wieder an Sie und Ihre Orte zurück.

Über das Projekt

Das Projekt „Ein Ort und sein Gedächtnis – Klosterneuburg erzählt“ findet im Rahmen des Netzwerks „Gut leben mit Demenz in Klosterneuburg“ statt. Künstlerischer Partner ist das KUNSTLABOR Graz, Projektmanagement durch die Caritas Pflege NÖ, die auch das Netzwerk im Jänner 2017 in Zusammenarbeit mit der Stadtgemeinde Klosterneuburg initiiert hat. Getragen wird das Netzwerk von 100 MitdenkerInnen aus 30 Organisationen sowie Betroffenen und pflegenden Angehörigen.

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